Ein Beitrag aus dem Tansania Blog von «NZZ Campus» (heute NZZ Karriere) vom 27. August 2014.
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«Blogging is not writing. It’s graffiti with punctuation.»
Die Aussage stammt aus dem Mund von Dr. Ian Sussman aka Schauspieler Elliot Gould, der sie im Film „Contagion“ (2011) einem aufdringlichen Blogger an den Kopf wirft. Vor drei Jahren entlockten mir die beiden Sätze noch ein süffisantes Grinsen, fassten sie doch in wenigen Worten zusammen, was ich von Blogs hielt: Nicht besonders viel.
Unverdaulicher Medien-Fast-Food
Blogs? Das sind doch jene kurzlebigen Internetbotschaften, in denen über die neuesten Skandale der Stars getratscht, Verschwörungstheorien diskutiert oder die neuesten Muffin-Rezepte ausgetauscht werden. Blogs! Das ist dieser unverdauliche Medien-Fast-Food, bei dem Halbwahrheiten mit Falschinformationen verquickt werden, um den daraus entstehenden Wörterbrei dann mit einer grossen Portion Wut im Bauch und einer Prise beissender Häme brühwarm all jenen zu servieren, welche sonst nichts Besseres zum Lesen haben. Blogs. Die entfalten ja ohnehin keine Wirkung abseits der sogenannten «virtuellen» Welt.
Seither hat sich meine Meinung jedoch von Grund auf (und freilich völlig unabhängig von meinem neuen Engagement bei NZZ Campus!) zum Besseren gewendet:
Bloggen ist die innovativste und subversivste Ausdrucksform des Medienbetriebs seit der Erfindung des Investigativjournalismus! Blogs treiben die Demokratisierung des Wissens voran und brechen bestehende Denkmuster auf! Ja, Blogs bereiten vielleicht sogar den Weg für den Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit!
Bloggerinnen und Blogger sind damit sozusagen die 2.0-Versionen von Gutenberg, Luther, Kant, de Gouges, Arendt und Rand. Kurz: Sie haben’s drauf.
Schweizerisch-Tansanische Entwicklungszusammenarbeit
Ab sofort haue ich also selbst als Blogger in die Tasten und lasse die Welt an meinen interpunktierten Graffitis teilhaben. Wöchentlich. Für ein halbes Jahr. Aus Afrika.
Denn in den kommenden sechs Monaten leiste ich meinen Zivildiensteinsatz in Tansania in einer Tuberkulose-Forschungsgruppe des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH). Dabei werde ich den grössten Teil meiner Zeit am Bagamoyo Research and Training Centre, einem Ableger des Ifakara Health Instituts (IHI) verbringen.
Die Geschichte des IHI ist eng verknüpft mit der Schweizer Tropenmedizin: Bereits in den 1950er-Jahren errichtete das Swiss TPH ein erstes Feldlabor in Ifakara, welche sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem der renommiertesten Forschung-, Ausbildungs- und Behandlungszentren für tropische Krankheiten auf dem afrikanischen Kontinent entwickelte.
Das IHI ist mittlerweile auch fester Bestandteil des tansanischen Gesundheits- und Wissenschaftssystems und wird von den Behörden vor Ort geleitet. Diese unterhalten nach wie vor eine sehr enge Partnerschaft mit dem Swiss TPH in Basel, was nicht nur die Grundlage für eine sehr fruchtvolle Forschungszusammenarbeit liefert, sondern eben auch Auslandeinsätze für Zivis ermöglicht.
«[…] und vieles ist in euch noch Wurm»
Schon den ersten Teil meines Zivildiensts absolvierte ich am «Tropeli», wie das Swiss TPH auch liebevoll genannt wird. In einer Forschungsgruppe, welche Medikamente gegen Wurmerkrankungen entwickelt, war ich von November 2013 bis Juni 2014 unter anderem für die Aufarbeitung all jener Substrate zuständig, in denen sich Wurmeier, Wurmlarven oder erwachsene Würmer in der Regel verstecken.
Aus Rücksicht auf eher zartbesaitete Gemüter überlasse ich es den interessierteren Leserinnen und Leser, sich mittels Internet-Recherche ein genaues Bild davon zu machen (Schlagworte: Schistosoma mansoni, Ancylostoma ceylanicum, Necator americanus, Fasciola hepatica).
Für meinen Auslandeinsatz kehre ich dem Labor und den Würmern aber erst einmal den Rücken und werde mich vorwiegend mit Daten, Datenbanken und Computersimulationen rund um Tuberkuloseerkrankungen befassen.
Was das Ganze nun mit dem eingangs erwähnten «Contagion» zu tun hat? Nicht besonders viel. Aber ich wollte mir die Chance nicht entgehen lassen, einmal öffentlich verkünden zu können: «Hey, ich schreib‘ im Übrigen grad Graffitis über meinen Dienst am Vaterland!»