Grüninger

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Swahili für Anfänger: Jambo Rafiki, Karibu Tanzania!

Pumbaa, Simba und Timon hängen in Lion King 3 gemeinsam ein bisschen herum – und helfen, erste Worte Swahili zu lernen. (Bild: Imago)

Ein leicht überarbeiteter Beitrag aus dem Tansania Blog von «NZZ Campus» (heute NZZ Karriere) vom 17. September 2014.

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Swahili ist leicht zu lernen. Zumindest sagte man mir das vor meiner Abreise. Als ich dann im Flugzeug nach Daressalam zum ersten Mal einen Blick in mein Lehrbuch warf (das ebenfalls bekräftigte, wie leicht Swahili zu erlernen wäre), kamen mir dann doch so meine Zweifel: Sieben (je nach Auslegung: acht) verschiedene Substantivklassen sowie ein völlig neuer Wortschatz und Satzbau klangen für mich nach einer ziemlichen Herausforderung.

Frühkindliche Swahili-Prägung

Die meisten von uns sind aber bereits seit ihrer Kindheit mit Swahili vertraut: Wer wie ich nicht genug vom Film «König der Löwen» bekommen hat, dem werden die Begriffe «Hakuna Matata» (keine Sorgen), «Simba» (Löwe), «Pumbaa» (dumm, zerstreut) oder «Rafiki» (Freund) zweifellos etwas sagen.

Als Basis für ein Gespräch reicht das freilich nicht, sodass mich das Schweizerische Tropeninstitut vor meinem Einsatz zuerst in einen zweiwöchigen Swahili-Intensivkurs auf Sansibar schickt, damit ich mich mit der tansanischen Nationalsprache vertraut machen kann. Also raus aus Flugzeug und rauf auf die Fähre nach Stone Town!

Die meisten Swahili-Sprecher leben in Tansania, Kenia, Uganda und im Westen der Demokratischen Republik Kongo. (Quelle: Stanford University Swahili Department)

Ich, der «Mzungu»

Dort werde ich gleich von meinem Lehrer der kommenden zwei Wochen in Empfang genommen. Mwalimu («Lehrer») Farouk, ein quirliges Energiebündel, heisst mich mit «Karibu Zanzibar!» willkommen und führt mich durch die Altstadt zu meiner Unterkunft. Farouk, mit vollem Namen Farouk Tahir Fatawi, war bis zu seiner Pensionierung Dozent für Literatur an der State University of Zanzibar. Heute führt er eine eigene Primarschule samt Kindergarten in Stone Town, besitzt eine Farm im Norden der Stadt und unterrichtet nebenher immer wieder «Wazungu» («Weisse/Europäer») wie mich in Swahili.

Die meisten Tansania-Zivis des Tropeninstituts haben sich ihr Grundwissen bei ihm abgeholt und selbst Marcel Tanner, der Direktor des «Tropeli», hat seinen Swahili-Feinschliff von Mwalimu Farouk verpasst bekommen.

Mwalimu Farouk bei der Arbeit.

Pünktlichkeit auf Tansanisch

Mein Lehrer in spe fährt mich samt Gepäck zu meiner Gastfamilie. Danach verabschiedet er sich auch gleich wieder, bläut mir aber zuvor noch ein, dass die Swahili-Lektionen am nächsten Morgen Punkt acht Uhr beginnen sollen (Farouk: «Eight o’clock sharp!»).

Also stehe ich pflichtbewusst um sieben Uhr auf und versuche zu duschen. Mit Betonung auf «versuchen». Die Wasserleitungen des ganzen Quartiers sind gerade staubtrocken, sodass die Morgenhygiene zu einer unfreiwilligen «Ice Bucket Challenge» ausartet (auch wenn das Wasser nicht ganz so kalt ist).

Trotzdem bleibt mir genügend Zeit für ein gemütliches Frühstück, sodass ich wie abgemacht um acht Uhr in meinem Zimmer sitze und auf den Beginn des Unterrichts warte. Um halb neun trifft dann auch Mwalimu Farouk ein.

Erste Lektion des Tages: Zeitangaben in Tansania sind nicht allzu genau zu nehmen, weshalb man immer etwas zur Beschäftigung mit dabei haben sollte, um allfällige Wartezeiten zu überbrücken. Um fair zu sein: In den darauffolgenden Tagen betrug die Verspätung niemals mehr als die akademische Viertelstunde, die ja auch bei uns noch einigermassen akzeptabel ist.

Eine etwas andere Ice-Bucket-Challenge.

Swahili im Schnelldurchlauf

Zurück zum Unterricht: In den nächsten Tagen eilen wir mit Sieben-Meilen-Stiefeln durch die Grammatik, üben Konversation und besuchen gemeinsam den nahe gelegenen Darajani-Market, um mich in die Regeln des Handelns einzuführen - und jene des Respekts. Sehr wichtig: Hierarchisch höher gestellte Personen begrüsst man nicht mit einem jovialen «Jambo», sondern mit dem einem demütigen «Shikamoo». Der Begriff ist abgeleitet von einem alten Ausdruck, der auf Deutsch so viel heisst wie: «Ich berühre Ihre Füsse». Mwalimu Farouk geht mit einer Engelsgeduld auf meine vielen Fragen ein und weiss das Lerntempo geschickt auf meine Bedürfnisse anzupassen. Kurz: Man merkt ihm seine Lehrerfahrung an.

Der Darajani-Market im herzen von Stone Town.

Gelernt wird sechs Tage die Woche. Am Morgen finden die Lektionen statt, während die Nachmittage für das Selbststudium reserviert sind. So schaffen wir es, in der kurzen Zeit einen beträchtlichen Teil des Stoffes zu behandeln, auch wenn ich mich immer noch wie ein absoluter Anfänger fühle.

Trotzdem muss ich sagen, dass Swahili wirklich verhältnismässig leicht zu erlernen ist - zumindest, wenn man die vielen umgangssprachlichen Eigenheiten ausblendet. Nachdem ich mich erst einmal durch die Grammatik gekämpft hatte, wurde mir die elegante Logik dieser Sprache bewusst. Die Ausnahmen – wenn es sie denn gibt – lassen sich normalerweise an einer Hand abzählen. Und das Bilden der verschiedenen Verb- und Adjektivformen folgt immer den gleichen Mustern. Zudem klingt die Sprache in meinen Ohren wunderschön, was die Motivation zum Lernen gleich nochmals erhöht.

Pflichtprogramm für den Magen

Gerne wäre ich deshalb vor meiner Abreise nach Bagamoyo noch tiefer in die Geheimnisse des Swahili eingetaucht, aber bei meinen kulinarischen Streifzügen durch die Küche Sansibars habe ich wohl auch Bekanntschaft mit einigen unerwünschten Zutaten im Essen gemacht, sodass ich die letzten vier Tage meines Aufenthalts mit einer Magen-Darm-Infektion im Bett verbrachte. Tja, vielleicht gehört das auch zu den Pflichtprogrammen als «Mzungu» auf einer Reise durch Tansania.