Tuberkulose: ein globales Problem
Ein Beitrag aus dem Tansania-Blog von «NZZ Campus» (heute NZZ Karriere) vom 18. Oktober 2014.
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Die Geschichte von Tuberkulose (TB) ist lang. Die Krankheit, die bei Menschen am häufigsten die Lungen befällt, plagte bereits die alten Ägypter und laut dem griechischen Arzt Hippocrates war die «Phthisis» oder «Schwindsucht» schon im 5. Jahrhundert vor Christus eine der häufigsten Todesursachen. Wie alt die sie genau ist, wird aber immer noch heftig diskutiert – Schätzungen reichen von mehreren Tausend bis zu einigen Millionen Jahren.
Lange Zeit war auch unklar, welche Ursache Tuberkulose hat. Die einen hielten die Krankheit korrekterweise für ansteckend, andere dachten, sie werde vererbt oder stelle eine besondere Form von Krebs dar, und wiederum andere glaubten an übernatürliche Ursachen (wie zum Beispiel Vampire).
Erst 1865 erbrachte der französische Militärarzt Jean-Antoine Villemin den Nachweis, dass es sich bei Tuberkulose in der Tat um eine Infektionskrankheit handelte, und knapp 30 Jahre später konnte der deutsche Arzt und Mikrobiologe Robert Koch schliesslich Mycobacterium tuberculosis als Erreger identifizieren.
Eine mörderische Krankheit
Die Entdeckung fiel in eine Zeit, in der Tuberkulose in Europa und Nordamerika epidemische Ausmasse angenommen hatte. In Städten wie London oder Hamburg raffte sie Mitte des 18. Jahrhunderts jedes Jahr 1 Prozent der Bevölkerung hinweg und im Deutschland des 19. Jahrhunderts liess sich laut Koch jeder siebte Todesfall auf Tuberkulose zurückführen.
Nicht von ungefähr wählte er wohl die folgenden Worte, als er seine Forscherkollegen und die Öffentlichkeit am 24. März 1882 in Berlin über die Entdeckung des TB-Erregers informierte: «Wenn die Zahl der Opfer, welche eine Krankheit fordert, als Massstab für ihre Bedeutung zu gelten hat, dann müssen alle Krankheiten, namentlich aber die gefürchtetsten Infektionskrankheiten, Pest, Cholera usw. weit hinter der Tuberkulose zurückstehen. [...] Die öffentliche Gesundheitspflege hat also Grund genug, ihre Aufmerksamkeit einer so mörderischen Krankheit zu widmen.»
Immer noch 3'600 TB-Tote pro Tag
Wie ich in einem früheren Eintrag schon erwähnt hatte, ist das TB-Bakterium auch heute noch einer der tödlichsten Erreger der Erde. Dank der Verbesserung der Lebensstandards sowie der Entwicklung wirksamer Antibiotika konnte die Krankheit zwar in weiten Teilen der Welt zurückgedrängt werden, doch 2012 erkrankten laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) immer noch 8.6 Millionen Menschen an Tuberkulose und 1.3 Millionen starben daran.
Dabei sind regional grosse Unterschiede zu beobachten: Absolut gesehen stammen die meisten TB-Fälle aus Asien (58%), gefolgt von Afrika (27%). In relativen Zahlen schwingt aber Afrika mit jährlich 2.6 neuen Fällen pro 1'000 Menschen oben aus. Zum Vergleich: Nur gerade 7 Prozent aller neuen TB-Fälle treten in Europa und Amerika auf und auch relativ gesehen stehen die beiden Regionen mit 0.4 bzw. 0.3 neuen TB-Fällen pro 1'000 Einwohner relativ gut da.
Der globale Kampf gegen Tuberkulose
Geht es nach den Vorstellungen der WHO, so wird Tuberkulose aber Mitte dieses Jahrhunderts fast ausgerottet sein: Von einer Million Menschen soll weniger als eine Person jährlich an TB erkranken – ein ehrgeiziges Ziel.
Konkret bedeutet das nämlich, dass von den gut 9 Milliarden Menschen, die 2050 aller Voraussicht nach unsere Erde bevölkern werden, nur noch 9'000 an TB erkranken sollen. Verglichen mit heute entspricht das einer tausendfachen Reduktion der Fälle.
Zwar ging die Gesamtzahl der Neuerkrankungen in den letzten Jahren tatsächlich zurück – doch lediglich um circa 2 Prozent pro Jahr. Zur Erfüllung der WHO-Ziele bräuchte es einen Rückgang der TB-Fälle um mindestens 17 Prozent jährlich.
Regionale Rückschläge
Zudem waren die bisherigen Erfolge bei der TB-Bekämpfung leider nicht flächendeckend. Während die TB-Raten in den meisten Teilen der Welt gesunken sind, verdoppelten sie sich seit Beginn der 90er-Jahre in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara.
In Osteuropa und Zentralasien waren neben wirtschaftlichen Problemen vor allem antibiotikaresistente TB-Stämme für den rasanten Anstieg verantwortlich, während in Afrika die grassierende HIV-Epidemie die Hauptschuld trägt.
Viele Herausforderungen bleiben
Zwar konnte der Negativtrend mittlerweile auch in diesen beiden Regionen gestoppt werden. Grund zur Gelassenheit gibt es trotzdem nicht. Denn auch wenn sich seit den Zeiten von den Ärzten Villemin und Koch vieles zum Besseren gewendet hat: Tuberkulose stellt nach wie vor ein Problem globalen Ausmasses dar und wird es wohl leider noch lange bleiben.