Ein Porträt auf «UZH News» vom 02. September 2019. Den Original-Text gibt es hier zu lesen.
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Sie organisieren das erste Rendez-vous der Wissenschaft in Bern, aus welchem Anlass?
Philipp Burkard: Nach der Trump-Wahl wurde in den USA der March for Science initiiert, eine Demonstration für Forschung und Wissenschaft und gegen «alternative Fakten». Die Märsche für die Wissenschaft sind damals zu einem globalen Phänomen geworden mit Demonstrationen in Hunderten von Städten. In der Schweiz lief mit Ausnahme von Genf nicht viel. Wir haben uns überlegt, was wir bei uns machen könnten und fanden: Marschieren passt nicht so ganz, wir sind besser im Reden miteinander. So ist die Idee für das Rendez-vous entstanden.
Was erwartet die Besucherinnen und Besucher am Rendez-vous?
Servan Grüninger: Wir möchten, dass Wissenschaft und Gesellschaft ins Gespräch kommen. Konkret können die Menschen vor Ort mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern interagieren. Auf dem Waisenhausplatz haben wir fünf Gesprächsinseln zu den Themen Gesundheit, digitale Anwendungen, Ressourchenverbrauch, Gesellschaftssorgen und eine Insel für Aufgeschlossene, an der ganz verschiedene Themen wie etwa Schönheit, Superheldencomics oder Weltraumforschung zur Sprache kommen. Auf den Inseln sind im Laufe der zwei Tage Forschende aus verschiedenen Bereichen präsent. Sie können beim Speed Dating, das jeweils rund zehn Minuten dauert, befragt werden – und sie können auch zurückfragen. Am Schluss kann das Publikum direkt ein Feedback geben, in Form eines Spiels.
Philipp Burkard ist Geschäftsführer der national tätigen Stiftung ‘Science et Cité – Wissenschaft und Gesellschaft im Dialog’ im Verbund der Akademien der Wissenschaften Schweiz sowie unter anderem Vorstandsmitglied in der European Science Engagement Association EUSEA. (Bild: zVg.)
Neben den Forschenden gibt es Polit-Talks mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern wie Christian Wasserfallen (FDP), Kathi Riklin (CVP) oder Verena Herzog (SVP). Weshalb haben Sie Politiker an einer Veranstaltung für die Wissenschaft eingeladen?
Grüninger: Es ist Wahlherbst in der Schweiz. Aus unserer Sicht ist wichtig zu wissen, was die Politikerinnen und Politiker zu Forschung und Wissenschaft in der Schweiz zu sagen haben, weil viele gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimawandel oder gesundes Altern nur dann zu meistern sind, wenn Wissenschaft und Politik am gleichen Strick ziehen.
Braucht es ein Rendez-vous mit der Wissenschaft?
Burkard: Das Wissenschaftsbarometer Schweiz, das von Mike Schäfer vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der UZH initiiert wurde, zeigt tatsächlich, dass man bei uns mehrheitlich ein positives Bild der Wissenschaft hat. Trotzdem bleibt der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Gesellschaft eine permanente Aufgabe. Gemäss dem Barometer hat etwa ein Drittel der Bevölkerung wenig Verbindung zur Wissenschaft und würde wohl nicht an eine Hochschule gehen. Darunter gibt es Leute, die in ganz anderen Weltbildern leben.
Servan Grüninger, hat an der Universität Zürich Biologie und Biostatistik studiert und ist Präsident der Ideenschmiede reatch - research and technology in switzerland und der Science Alumni UZH. (Bild: zVg.)
Kann man diese überhaupt erreichen?
Burkard: Wir hoffen auf ganz viel «Laufkundschaft», das heisst auf den Besuch von Menschen, die zufällig auf dem belebten Waisenhausplatz sind und dann bei uns reinschauen.
Was soll ihnen vermittelt werden?
Grüninger: Wir haben für uns drei Ziele formuliert: Wir wollen das Vertrauen in die Wissenschaft stärken, die Vielfalt von Wissenschaft und Forschung zeigen und Brücken schlagen zwischen den Besucherinnen und Besuchern und den Forschenden.
Burkard: Das Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist zentral, denn das Vertrauen in die Wissenschaft hängt nicht nur von der Qualität der Forschung ab, sondern auch ganz stark von den Personen: Sind sie glaubwürdig? Haben sie auch ein Leben neben der Forschung? Mit den direkten Begegnungen möchten wir dieses Vertrauen fördern – in die Forschenden und die Wissenschaft.
Weshalb findet die Veranstaltung in Bern statt und nicht in Zürich, der Wissenschaftshauptstadt der Schweiz?
Grüninger: Vor allem wegen der Wahlen. Für uns war die Nähe zur Politik wichtig. Interessant ist: Wir haben weniger Forschende aus Zürich als aus Bern, aber mehr Politiker aus Zürich, die mitmachen. Ausserdem sind die Akademien der Wissenschaften und Science et Cité in Bern zu Hause. Wir hoffen aber, dass das Rendez-vous keine Eintagsfliege ist und wir in Zukunft auch in anderen Schweizer Städten solche Veranstaltungen durchführen können. Dann gerne auch in Zürich.
Was wünschen Sie sich für das erste Rendez-vous?
Burkard: Möglichst viele Leute. Wenn der Waisenhausplatz zwei Tage belebt ist, wenn Gespräche stattfinden, die substantiell sind, dann sind wir sehr zufrieden. Und wir hoffen auf eine Multiplikation durch die Medien.
Grüninger: Die Leute sollen nach Hause gehen und denken, das war jetzt ein aufschlussreiches Gespräch! Die Forschenden waren sympathisch und ich habe etwas Neues gelernt.